Der Titel meines Vortrages lautet also Neuartige Möglichkeiten der Verabreichung von Arzneistoffen.
In meinem Vortrag will ich Ihnen also im ersten Teil erläutern, was mit diesem Begriff
Arzneistoffverabreichung überhaupt gemeint wird. Ich mache sie auch mit meinem Fach der
pharmazeutischen Technologie in Biopharmazie bekannt. Im zweiten Teil des Vortrages werde
ich Ihnen Daten aus einem Projekt in meinem Lehrstuhl zeigen und auch die Relevanz von
diesen Daten und von dem Projekt erläuten. Die Vorträge im Rahmen des Collegium Alexandrinums
sollen allgemein verständlich sein. Also ich halte heute keinen wissenschaftlichen Vortrag.
Ich will gleich am Anfang für Sie einige Begriffe definieren, die im Lauf des Vortrages immer
wieder auftauchen werden. Erstens ein Arzneistoff. Der Arzneistoff ist der therapeutisch wirksame
Bestandteil eines Arzneimittels. Der ist aber nicht der einzige Bestandteil. Jedes Arzneimittel
enthält auch mehrere sogenannte Hilfsstoffe. Das sind Zusatzstoffe, die die Zubereitungsform
selber bilden, in der der Arzneistoff vorliegt. Das können Losungsmittel sein, Dispersionsmittel,
Füllstoffe und so weiter. Die sind indifferente Substanzen. Das heißt, die haben selber keine
pharmakologische Wirkung. Die Arzneiform stellt die eigentliche zu applizierende Form des
Arzneimittels dar. Denken Sie beispielsweise an eine Tablette, die oral verabreicht wird,
an ein Implantat, das parenteral gegeben wird oder an selben Grundlagen, die topisch eingereden
werden. Was bedeutet dann Arzneistoffverabreichung? Die Arzneistoffverabreichung ist Forschungsstoff
in meinem Fach, also in der pharmazeutischen Technologie und Biopharmazie. Wir haben zwei
Hauptziele. Wir wollen für Arzneistoffe geeignete Arzneiformen entwickeln und herstellen. Im erste
Linie müssen die Arzneistoffe in diesen Formen ausreichende Stabilität haben. Dies gewährleistet
die Haltbarkeit des Arzneimittels. Eine akzeptable Haltbarkeit liegt zwischen zwei und fünf Jahren.
Das zweite Ziel ist etwas komplizierter. Wir wollen Arzneiformen erforschen, die es ermöglichen,
den Arzneistoff über einen gewünschten Zeitraum, und das kann Stunden sein bis zu Jahren, in der
richtigen Dosierung zu dem richtigen Wirkungsort im Körper bringen. Das ist die Bedeutung des
Begriffes Arzneistoffverabreichung. Wenn wir das schaffen, können wir die optimale therapeutische
Wirkung des Arzneistoffes gewährleisten und wir minimieren dabei unwünschte Nebenwirkungen. Man
kann dieses Konzept am besten mit Hilfe eines Gegenbeispieles verstehen. Denken Sie an eine ganz
normale Tablette. Nach oraler Einnahme landet die Tablette im Magen. Sie zerfällt dort, das heißt,
sie bricht auseinander und gibt den enthaltenen Arzneistoff vollkommen ungesteuert frei.
Mit dieser Art der Arzneistoffverabreichung haben wir überhaupt keine Möglichkeiten,
die therapeutische Wirkung des Arzneistoffes zu steuern. Wir wollen also Arzneiformen entwickeln,
die die therapeutische Wirkung des Arzneistoffes steuern können. Ja, wie soll das nun gehen? Ich
will Ihnen etwas aus der Geschichte kurz erzählen. Bis vor circa 40 Jahren hat man die Arzneistoffwirkung
mit Hilfe des Konzeptes der Dosis Wirkungsequivalenz beschrieben. Dieses Konzept leitet sich aus der
Rezeptortheorie in der Pharmakologie und besagt folgendes. Im Körper befinden sich mehrere
selektiv reagierende Rezeptoren. Es handelt sich hierbei um Proteine, die in den Zellmembranen
eingebettet sind. Diese Rezeptoren gehen eine Bindung mit Arzneistoffmolekülen ein. Das sind
die Arzneistoffmoleküle, die sich im Plasma, im Blut des Patienten befinden. Im gebundenen
Zustand wird dann im Zellinnen eine biochemische Wirkung hervorgerufen, die zu einer therapeutischen
Wirkung im Körper führt. Allerdings ist die Anzahl der Rezeptoren für einen bestimmten Arzneistoff
im Körper begrenzt. Das heißt, dieser Prozess, diese Wirkung ist sättigbar. Sind alle Rezeptoren
mit Arzneistoffmolekülen belegt, kann man die therapeutische Wirkung nicht mehr steigen. Also
laut dieser Vorstellung ist die Arzneimittel Wirkung allein von der applizierten Dosis des
Arzneistoffes abhängig. Die Arzneiform würde lediglich dazu dienen, den Arzneistoff
applikationsfähig zu machen. Das Verstand des Kenntnisses von circa 40 Jahren. In den 60er Jahren
tauchten dann vermehrt Fälle auf, bei denen dieses Konzept offenbar nicht anwendbar war. Ich kann Ihnen
ein Beispiel nennen. Ein englischer Pharmahersteller hat seine Digoxin-Tablette umformuliert.
Das ist eine Mittelgegenherzinsuffizienz. Der hat den Füllstoff ausgetauscht statt Laktose. Als Füllstoff
hat er einen anderen Füllstoff genommen. Patienten, die die neuen Tabletten genommen haben, haben
plötzlich Überdosierungen bekommen aus dieser Tablette. Was war da los? Durch die Umformulierung wurde
Presenters
Prof. Dr. Geoffrey Lee
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:25:06 Min
Aufnahmedatum
2000-05-11
Hochgeladen am
2018-06-20 12:10:22
Sprache
de-DE